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27.12.2017

Eurofighter Untersuchungsausschuss

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Wien (PK) – In der nächsten Sitzung des Eurofighter-Untersuchungsausschusses ist am Mittwoch, 14. Juni (10.00 Uhr), Wilhelm Molterer als Auskunftsperson geladen. Der ehemalige Finanzminister soll unter dem Vorsitz von Zweitem Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf von den Abgeordneten zum ersten Untersuchungsabschnitt befragt werden. Dieser betrifft den 2007 vom damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos abgeschlossenen Vergleich mit der Eurofighter GmbH.

In der Folgewoche werden am Dienstag, 20. Juni, die beiden ehemaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (10.00 Uhr) und Alfred Gusenbauer (14.00 Uhr) im Ausschuss erwartet. Auch am Mittwoch, 21. Juni, und Donnerstag, 22. Juni, finden weitere Sitzungen des parlamentarischen Kontrollgremiums statt. Bisher wurden in vier Sitzungen acht Auskunftspersonen von den Abgeordneten befragt.

Zusammenfassung der ersten Woche im Untersuchungsausschuss

U-Ausschuss Eurofighter: Der „grottenschlechte Vertrag“ von Schwarz-Blau machte Vergleich schwierig

Am 31. Mai 2017 startete die Neuauflage des Eurofighter-Untersuchungsausschusses im Parlament. Das erste Kapitel des Ausschusses widmet sich dem 2007 abgeschlossenen Vergleich mit EADS. Die Befragungen haben bestätigt: Der unter Schwarz-Blau 2003 ausgehandelte Kaufvertrag wurde zum Nachteil der Republik geschlossen. Er war es, der die Republik Jahre später in Bedrängnis brachte und den Vergleich 2007 notwendig machte.

Auskunftspersonen waren unter anderem der damalige Verteidigungsminister und derzeitige Soziallandesrat Norbert Darabos, der Präsident der Finanzproukuratur Wolfgang Peschorn sowie der renommierte Jurist Helmut Koziol.

Schwarz-Blauer Kaufvertrag ist Wurzel des Übels

Am 2. Juli 2002 beschloss die Schwarz-Blaue Regierung, zur Überwachung des österreichischen Luftraums, die Kampfjets Eurofighter anzuschaffen. Beim Kanzlerfrühstück mit Wolfgang Schüssel fiel die Entscheidung. Am 1. Juli 2003 wurde der Vertrag unterzeichnet. Schüssel hat stets Druck gemacht, die Kampfjets zu kaufen. Warum, darüber wird spekuliert. Naheliegend ist, dass die Regierung durch den Kauf der Kampfjets einen Schritt in Richtung NATO-Beitritt machen wollte. Denn entwickelt wurde der Eurofighter für Kampfeinsätze, nicht zur Luftraumüberwachung.

Der Vertrag wurde zum Nachteil für die Republik abgeschlossen. „Die Schüssel-Regierung hat sich etwas verkaufen lassen, das gar nicht lieferbar war – die bestellten Kampfjets gab es noch gar nicht“, erklärt SPÖ-Fraktionsvorsitzender Otto Pendl. Im Kaufvertrag wurden zwar 2003 sogenannte "Verhaltensregeln" festgehalten, allerdings war deren Interpretation so unklar, dass sie laut Peschorn Anlass für mehrere Rechtsgutachten waren.

Was hinzukommt: Heute wird kritisiert, dass 2007 im Zuge des Vergleichs die Eurofighter der älteren Tranche 1 akzeptiert wurden. Dabei wurde genau das schon 2003 von ÖVP und FPÖ vertraglich festgehalten: Ist Tranche 2 nicht verfügbar, können Flugzeuge der älteren Tranche 1 hochgerüstet und geliefert werden.

Im Vertrag ließ die damalige Regierung weitere zahlreiche Nachteile für die Republik festschreiben:

* ÖVP-Minister Platter wollte einen Kaufpreis unter 2 Mrd. Euro – und hat dafür viel höhere Betriebskosten in Kauf genommen.

* Es wurde eine Haftungsobergrenze von 296 Millionen Euro festgeschrieben – darüber hinaus gehender Schaden hätte nicht extra bezahlt werden müssen.

* Die Rechte an der Software, die notwendig ist, um die Eurofighter zu bedienen, wurden nicht ins Eigentum der Republik übertragen.

* Im Vertrag wurde ein „Einredeverzicht“ festgehalten – der bei Leistungsmängeln keine Einstellung der Zahlungen ermöglicht. Das hat auch der Rechnungshof kritisiert.

* Die Garantie für die Geräte und Software betrug nur ein Jahr.

Sich nur mit dem Vergleich zu befassen, greift also für Pendl viel zu kurz: „Das Übel begann mit dem Kaufvertrag. Ohne den Kaufvertrag aus 2003 müssten wir heute gar nicht über den notwendig gewordenen Vergleich 2007 diskutieren.“

Darabos hat „grottenschlechten Vertrag von Schwarz-Blau geerbt“

Die Einführung des Systems Eurofighter war zum Amtsantritt von Darabos bereits weit fortgeschritten. Die Analyse der Sachlage brachte Unstimmigkeiten rund um die Typenentscheidung zutage.

Im Untersuchungsausschuss hat Norbert Darabos dargestellt, dass er einen „grottenschlechten Vertrag von Schwarz-Blau geerbt hat, der zu Lasten der Republik abgeschlossen wurde“. Sein Ziel war es, den Vertrag aufzulösen und auszusteigen. Um die Möglichkeiten hierfür zu prüfen, beauftragte das Verteidigungsministerium den international renommierten Rechtsexperten Univ.-Prof. Dr. Helmut Koziol mit einem Gutachten. An oberster Stelle stand das Ziel, Schaden für die Republik Österreich und die SteuerzahlerInnen zu vermeiden. Nicht nur Koziol, auch die Finanzprokuratur, die normalerweise erst im Nachhinein Verhandlungen vor Gericht für die Republik führt, war ab März 2007 mit Wolfgang Peschorn in den Vergleich und die Detailverhandlungen umfangreich eingebunden.

Vertragsausstieg hätte 1,2 Milliarden gekostet

Die Kritiker des Vergleichs „machen es sich allzu leicht“, so Koziol im Ausschuss. Der Zeitdruck war groß, dennoch musste die Rechtslage geklärt werden. Hätte man auch nur ein Flugzeug abgenommen, hätte das den Rücktritt erschwert. Eine unberechtigte Ablehnung der Flugzeuge wiederum hätte einen Vertragsbruch von österreichischer Seite bedeutet.

Das 150-seitige Gutachten von Koziol hat ergeben, dass die Ausgangslage „keineswegs günstig“ waren. Laut Koziol waren „die Möglichkeiten der Republik, die eigenen Interessen zu wahren, stark beschnitten“. Zwar wäre ein Rücktritt vom Kauf möglich gewesen, aber – und das würde heute ausgeblendet – nur mit enormen Kosten für die Republik. Laut Koziol haben sich die 2007 berechneten Kosten auf 1,2 Milliarden Euro belaufen. Beweise für Korruption, die einen Ausstieg ermöglicht hätten, hatte man zu diesem Zeitpunkt nicht.

Das Ergebnis: Laut Rechnungshof 250 Millionen Ersparnis für Österreich

Norbert Darabos hat dafür gekämpft, das Beste für die Republik herauszuholen. Da ein Ausstieg vom Vertrag nicht ohne erhebliche Risiken möglich war, handelten Darabos und Koziol mit EADS einen Vergleich aus.  Ergebnis war eine Reduktion der Stückzahl (15 statt 18) und gebrauchte Geräte. Auf teure und nicht für Überwachungsflugzeuge notwendige Ausstattung wurde verzichtet. Ziel war auch, nicht zu viele unterschiedliche Flugzeugtypen zu bekommen, da dies zu einem Problem mit Ersatzteilen geführt hätte.

„Insgesamt kann nicht behauptet werden, dass eine Auflösung risikolos und zum Nulltarif möglich gewesen wären. Ein jahrelanger Rechtsstreit, der eine Sicherung des Luftraums unmöglich gemacht hätte, wäre die Folge gewesen“, erklärte Koziol im Untersuchungsausschuss.

Laut Darabos hat Koziol die „die ökonomisch zweckmäßigste und sinnvollste Lösung“ erarbeitet, die zum damaligen Zeitpunkt möglich war. Der Rechnungshof hat belegt, dass der von Darabos verhandelte Vergleich 250 Millionen Euro Ersparnis für Österreich gebracht hat.

Künftig keine Gegengeschäfte und Lobbyisten

Das Verteidigungsministerium zieht nun, nach den schwerwiegenden Folgen des Eurofighter-Vertrags und den betrügerischen Vorgängen, Konsequenzen. Hans Peter Doskozil hat angekündigt, dass Beschaffungen des Verteidigungsministeriums künftig ohne Lobbyisten und ohne Gegengeschäfte, die im Falle Eurofighter intransparent waren und mit Scheingeschäften einhergingen, auskommen müssen. Bis Ende des Jahres wird das per Erlass festgeschrieben.

 

31. Mai 2017 Eurofighter U-Ausschuss hebt ab

Heute beginnen die Anhörungen im U-Ausschuss. Bis Freitag sollen u.a. die Rechnungshofbeamtin Birgit Caesar-Stifter, der Leiter der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn, Ex-Verteidigunsminister Norbert Darabos, Gutachter Univ.-Prof. Helmut Koziol, MinRat Karl Hofer, Univ.Prof. Meinhard Lukas Auskunft geben. (mehr)

Eurofighter, die Zweite. Der Untersuchungsausschusses wird nochmals versuchen, die Hintergründe des Jet-Ankaufs durch die schwarz-blaue Regierung im Jahr 2002 aufzuklären.  Im Raum steht der Verdacht, dass es bei dem Deal zu Unregelmäßigkeiten, wie unerlaubter Parteienfinanzierung und Schmiergeldzahlungen, gekommen ist. (mehr)

 

Dokumente:

Task Force Bericht" des BMLVS

FAQs: Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Eurofighter-Beschaffung

Timeline: So lief die Eurofighter-Beschaffung

 

Dossier-"Datenraum" zur "Akte Eurofighter":

Die Rechercheplattform Dossier hat einen "Datenraum" zur Abfangjäger-Causa lanciert. In Kooperation mit dem Nachrichtenmagazin "profil" wurden hunderte Dokumente zur "Akte Eurofighter" gesammelt und zur Verfügung gestellt. Unter den Dokumenten finden sich parlamentarische Materialien, Rechnungshofberichte, Protokolle des ersten Untersuchungsausschusses und "profil"-Berichte. Aber auch exklusives Material, das bisher nicht veröffentlicht wurde, ist in diesem "öffentlichen Datenraum" abrufbar. Die Plattform bietet eine Volltextsuche und wird kontinuierlich um neue Dokumente erweitert. https://www.dossier.at/dossiers/eurofighter/akte-eurofighter/

 

Wie arbeitet der Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem "Eurofighter Typhoon"

Alle Infos zum U-Ausschuss (hier)

Mitglieder (hier)

Kommuniqués – Ladungslisten (hier)

SPÖ: Volle Aufklärung ohne „Polit-Hick-Hack“

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil hat mit dem Bericht der Taskforce und mit dem eingeleitete Strafverfahren den Anstoß für einen neurlichen Eurofighter U-Ausschuss gegeben. Das SPÖ-Team im U-Ausschuss will „das korrupte und täuschende Verhalten seitens Airbus gegenüber der Republik" endlich vollkommen aufklären. Es gehe darum, Steuergelder zurückzuholen und für die Zukunft saubere Anschaffungsvorgänge sicher zu stellen.

Saubere Rüstungsgeschäfte gewährleisten

Die SPÖ will bei zukünftigen Rüstungsgeschäften Lobbyisten und Gegengeschäften ausschließen. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil hat deshalb ein umfassendes Anti-Korruptionspaket vorgelegt. Damit wird sichergestellt, dass militärische Beschaffungsvorgänge künftig ohne Gegengeschäfte und Lobbyisten erfolgen.

Das große Anti-Korruptionspaket, das auf Empfehlungen der Finanzprokuratur beruht, hat im Wesentlichen folgende Ziele:

  • Abstandnahme von Gegengeschäften bei allen militärischen Beschaffungsvorgängen
  • Verhinderung von unzulässigen Einflussnahmen durch Lobbyisten
  • neue Ablauforganisation bei Beschaffungsentscheidungen im Bundesheer
  • neue Vertragsbestimmungen für alle Beschaffungen sowie
  • Verbesserung der Transparenz.

Durch diese Punkte soll eine mögliche Beeinflussung militärischer Beschaffungsvorgänge durch Lobbyisten und Interessensnetzwerke ein für alle Male unmöglich gemacht werden. Verteidigungsminister Doskozil betonte, dass er keinen Zweifel daran hat, dass der größte Teil der in Österreich vereinbarten Gegenschäfte korrekt abgewickelt wurde. „Aber der Bericht Task Force Eurofighter hat deutliche Hinweise dafür hervorgebracht, dass bei der Eurofighter-Beschaffung die Gegengeschäfte ein ideales Einfallstor für Korruption und Bestechung waren. Wir setzen daher umfassende Maßnahmen, um den widerrechtlichen Einfluss von Lobbyisten bzw. Berater- und Interessensnetzwerken bei zukünftigen militärischen Beschaffungsvorgängen unmöglich zu machen. Österreichs SteuerzahlerInnen haben ein Anrecht darauf, dass ihr Steuergeld korrekt und sauber eingesetzt wird.“

 

Hintergrund: Der Eurofighter-Deal von Schüssel & Co. oder "Wie alles begann!"

Um die Luftraumüberwachung in Österreich zu gewährleisten, mussten zu Beginn der 2000er Jahre Fluggeräte beschafft werden. Gekauft wurden aber von der ÖVP/FPÖ-Regierung keine Beobachtungsflugzeuge, sondern NATO-taugliche Kampfjets. Diese Beschaffung war von Anfang an umstritten. Von der Typenentscheidung, über obskure Geldflüsse und Betrügereien: Wir fassen zusammen, was man zum teuersten Beschaffungsvorgang der Republik wissen muss.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) hat stets Druck gemacht, die Kampfjets zu kaufen. Naheliegend ist, dass die Regierung durch den Kauf der Kampfjets einen Schritt in Richtung NATO-Beitritt tätigen wollte. Denn entwickelt wurde der Eurofighter für Kampfeinsätze, nicht bloß zur Luftraumüberwachung. 2002 hatte der damalige ÖVP-Klubobmann Andreas Khol immerhin bekräftigt, dass der NATO-Beitritt „Option und Ziel der ÖVP“ sei. Andere Vermutungen legen nahe, dass es der Schüssel-Regierung darum ging, sich nach internationaler Ächtung durch die Koalition mit der Haider-FPÖ durch den Kauf der Eurofighter politisch zu rehabilitieren. (mehr)