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28.05.2018

VP, FP und Neos verhindern CETA-Debatte

Mit einem Dringlichkeitsantrag wollte die SPÖ im niederösterreichischen Landtag eine inhaltliche Diskussion über den von der schwarz–blauen Bundesregierung überhastet eingeleiteten Ratifizierungsprozess des CETA–Abkommens. Für SPÖ-Europasprecher Hannes Weninger ist das ein das ein Affront. „Diskussion leider unerwünscht. ÖVP, FPÖ und Neos sehen keinen Gesprächsbedarf weil Kurz & Strache bis St. Pölten durchgreifen.“

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Kronen Zeitung, 19. Mai 2018

Der SPÖ-Dringlichkeitsantrag im NÖ Landtag (hier)

 

Regierung beschließt CETA-Konzerngerichte: FPÖ verrät die Interessen der Bevölkerung

Die FPÖ hat eines ihrer zentralen Wahlversprechen gebrochen: ÖVP und FPÖ haben diese Woche im Ministerrat beschlossen, dass CETA ratifiziert wird. Bereits in vier Wochen, am 14. Juni, wollen sie den Vertrag im Nationalrat beschließen. Das heißt, die umstrittenen Konzerngerichte mit Sonderklagsrechten für ausländische Investoren werden durch diesen Beschluss in Kraft treten.

Politisch ist das ein Totalumfaller der FPÖ. Strache hat im Wahlkampf und auch noch kurz vor der Regierungsbildung seinen WählerInnen versprochen, dass es mit ihm keine Koalition geben wird ohne eine Volksabstimmung über CETA.

Strache im Februar 2017:

Strache im Wahlkampf: "Eine Volksabstimmung über CETA ist Koalitionsbedingung." (FP-Strache in "Österreich", September 2017)

Um was geht es?

In den Verhandlungen um CETA hatte der damalige Kanzler Kern erreicht, dass der CETA-Vertrag in zwei Teile geteilt wird: Jener Teil von CETA, in dem es um den Warenhandel zwischen der EU und Kanada geht, wird bereits "vorläufig angewendet" und ist damit in Kraft.

Der zweite Teil zum Investorenschutz und den umstrittenen Konzerngerichten kann aber erst dann in Kraft treten, wenn das Parlament das Abkommen ratifiziert, also beschließt. Die SPÖ und Kern haben immer gesagt: So lange diese Konzerngerichte enthalten sind, soll es keine Ratifizierung geben. Aber genau das machen ÖVP und FPÖ jetzt.

Was sind die Konzerngerichte?

Diese Konzerngerichte sind das zentrale Problem von CETA: Denn bei solchen Gerichten können Konzerne gegen Staaten etwa wegen zu hoher Sozial-, Umwelt- oder Konsumentenstandards klagen, wenn sie ihre Profite in Gefahr sehen. Die hohen Standards Österreichs in diesen Bereichen wären damit gefährdet.

Und was machen Kurz & Strache?

Sie beschließen – ohne Not und ohne zeitlichen Druck – das CETA-Abkommen, wodurch auch die kritisierten Konzerngerichte in Kraft treten können. Obwohl derzeit noch Verhandlungen laufen, um hier Verbesserungen zu erreichen. Und obwohl noch Klagen beim Europäischen Gerichtshof dagegen anhängig sind.

SPÖ-Chef, Klubobmann Christian Kern kritisierte das im Nationalrat massiv: "Wir haben CETA die Giftzähne gezogen, Sie implantieren sie wieder. Warum? Weil Sie im Interesse der Großspender der ÖVP arbeiten!" (Youtube-Link)

Und der gf.SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder: "Kurz und Strache verraten mit ihrer Entscheidung, die umstrittenen Schiedsgerichte in Kraft zu setzen, die Interessen der Bevölkerung". Schieder ist weniger über die ÖVP verwundert, "die ohnehin kein Geheimnis daraus macht, dass sie der politische Arm der Industriellenvereinigung ist - aber der krachende Umfaller der FPÖ ist beispiellos".

Emotional auch SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried im Parlament: "Was ist mit der FPÖ los? FPÖ, was ist mit euch? Können Sie den Wählerinnen und Wählern noch ins Gesicht und sich selber noch in den Spiegel schauen? Nein, das können Sie nicht!" (Youtube-Link)

Die SPÖ sagt: So lange im CETA-Vertrag die Sonderklagsrechte für Konzerne weiter enthalten sind, darf Österreich das Abkommen nicht ratifizieren!

Kontrast.at: "Weder Volksabstimmung noch Ablehnung. FPÖ winkt CETA durch" (Weiterlesen)

 

VP/FP wollen CETA durchpeitschen!

Keine Öffentlichkeit bei Verhandlungen, keine unabhängigen Richter, keine Chance auf Berufung für Staaten. Die CETA-Schiedsgerichte bringen für Österreich viele Probleme mit sich. Dennoch will die Regierung das Freihandelsabkommen mit Kanada noch vor dem Sommer ratifizieren. Die FPÖ bricht damit ihr Wahlversprechen.

3 VON 4 ÖSTERREICHERINNEN SIND GEGEN CETA

Laut Umfragen lehnen 3 von 4 ÖsterreicherInnen CETA ab. 2017 haben 562.000 ÖsterreicherInnen das Volksbegehren gegen CETA unterzeichnet. Die Regierung hätte also mit starkem Gegenwind zu rechnen, wenn wieder öffentlich über das Freihandels-Abkommen debattiert werden würde. Deshalb wollen ÖVP und FPÖ CETA so schnell wie möglich beschließen. Noch vor dem Sommer 2018 soll Österreich das Abkommen ratifizieren.

REGIERUNG WILL RATIFIZIERUNG – OBWOHL NOCH VERHANDLUNGEN LAUFEN

Ende April 2018 verschickte die Regierung das Abkommen unangekündigt – und sogar für die MitarbeiterInnen überraschend – zur internen Begutachtung. Für eine Stellungnahme wurden den Beamten gerade mal 24 Stunden gewährt. ÖVP und FPÖ haben es eilig.

Die Regierung will CETA möglichst rasch ratifizieren. Und das obwohl entscheidende Verhandlungen noch gar nicht abgeschlossen sind. Derzeit finden Verhandlungen über eine bessere Regelung für Schiedsverfahren und Schiedsgerichte statt. Der damalige Bundeskanzler Kern hat 2017 eine Ratifizierung ausgeschlossen, solange die Schiedsgerichte nicht eingeschränkt werden.

FPÖ WIRFT WAHLVERSPRECHEN ÜBER BORD

Die FPÖ hat eines ihrer wichtigsten Wahlversprechen gebrochen: Es wird keine Volksabstimmung über CETA und TTIP geben. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache hat dieses noch im Wahlkampf-Finish groß angekündigt.

Doch jetzt kommt es anders. Es soll alles schnell gehen. Denn eine lange Diskussion über die Gefahren von CETA ist, soll vermieden werden.

SCHIEDSGERICHTE: STAATEN ZIEHEN DEN KÜRZEREN

Tritt CETA vollständig in Kraft, können Konzerne ganze Länder unter Druck setzen – und verklagen. Beispielsweise, wenn Regierungen Gesetze verabschieden, die beispielsweise die Rechte von KonsumentInnen stärken, aber möglicherweise Gewinne von Unternehmen reduzieren.

Je größer ein Unternehmen, desto klagefreudiger ist es, weil es sich Prozesskosten leisten kann. Ein Rechtsstreit kostet laut OECD durchschnittlich 8 Millionen Dollar. Verliert die staatliche Seite den Prozess, drohen Zahlungen in Milliardenhöhe.

Gewinnt der Staat, bleiben immer noch die Millionenbeträge der Prozesskosten. Der Staat zahlt also in jedem Fall.

DIE 3 PROBLEME DER CETA-SCHIEDSGERICHTE

CETA räumt Unternehmen großzügige Konzern-Klagsrechte ein. Staaten werden merklich benachteiligt:

  1. Keine Öffentlichkeit
    Die Kläger, also Unternehmen, können die Öffentlichkeit von den Verfahren ausschließen können.
  2. Keine Berufungs-Möglichkeit
    Die Entscheidungen von Schiedsgerichten sind endgültig. Staaten können nicht berufen.
  3. Keine unabhängigen RichterInnen
    Anders als bei nationalen Gerichten sind es bei Schiedsgerichten sogenannte „Schiedsrichter“, die über einen Prozess-Ausgang entscheiden. In der Regel drei an der Zahl. Diese sind jedoch keine Vollzeit-RichterInnen, sondern reguläre AnwältInnen, die sich auf Handelsrecht spezialisiert haben. Das Pikante daran: Sie können auch FirmenanwältInnen sein, also in Rechtsabteilungen von Unternehmen arbeiten, die selbst in ISDS-Verfahren involviert sind. Manchmal prozessieren sie für ihr Unternehmen, ein anderes Mal entscheiden sie als „Schiedsrichter“ über Staaten. Laut OECD ist das bei 60% der SchiedsrichterInnen der Fall

CETA - KURZ ZUSAMMENGEFASST:

  • CETA steht für Comprehensive Economic and Trade Agreement.
  • Es ist ein Handelsabkommen zwischen Kanada und der EU.
  • Es ist am 21. September 2017 vorläufig in Kraft getreten, da es noch in vielen EU-Mitgliedsstaaten (darunter auch Österreich) ratifiziert werden muss.

Zum Weiterlesen: https://kontrast.at/?s=ceta